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Wie ein paar Schleswig-Holsteiner die Kulturen des Alten Orients begründeten...

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Nach all dem ist es natürlich verständlich, daß Braasch im folgenden versuchen muß, die norddeutschen Streitaxtleute / Schnurkeramiker "wegzuerklären".
Denn mit diesen haben wir einen deutlichen Kulturbruch im nordischen Kreis ab 2200 v.Chr., und die Fachleute wünschen sich sehnlichst, derart eindeutige Hinweise für die Indogermanisierung auch für das südliche Deutschland zu haben.
Für den Wechsel zur Einzelgrabbestattung hat Braasch nun eine wirklich originelle These entwickelt, nämlich daß es nach Jahrhunderten des Megalithbaus zwangsläufig eine Steinverknappung gegeben haben muß, die das Ende der Großsteingräber erzwang.
Den Begriff Streitaxt bezeichnet er als "suggestiv" (S.62) und hält die Beile für normales Handwerkszeug der Einheimischen. Aber schon die auf S.63 abgebildeten Beispiele machen klar, daß diese Beile zum Fällen von Bäumen viel zu zierlich und klein waren, so daß sie wirklich nur als Waffen oder Statussymbole verwendbar sind.
Vor allem unterschlägt Braasch, daß sich mit dem Ende der Großsteingräber auch eine ganz neue Form der Bestattung, eben das Einzelgrab in Hockerlage, neue Formen der Grabbeigaben und vor allem ein anthropologisch neuer Skelettyp durchsetzt.
Zudem ist die Spur der Streitaxtleute von Osten nach Westen in den Norden Deutschlands gut zu verfolgen.
Es dürfte hiermit hinlänglich klargeworden sein, daß der Gleichsetzung von Megalithikern mit den Ur-Indogermanen zu viel entgegensteht, um auch nur im Geringsten akzeptabel zu sein.
Der Versuch dieser Gleichsetzung ist für die folgenden Ausführungen des Buches natürlich von allergrößter Wichtigkeit, zusammen mit der Blondheitsthese praktisch die Basis der Hypothesen.
Gleichzeitig ist dieses Kapitel aber auch das am einfachsten angreifbare und wackeligste. Dadurch, daß Braasch bereits hier in ein falsches Fahrwasser gerät, relativieren sich auch alle folgenden Ausführungen, da in den mythologischen Vergleichen stets Motive angeführt werden, die wir erst aus bronzezeitlichen bzw. germanischen Quellen kennen.
Dies aber war eine andere Religion als die der Megalithiker.
Der mögliche Einwand, das könne man so nicht behaupten, da wir über die Religion der Megalithiker so gut wie nichts wissen, ist auf den ersten Blick berechtigt. Wir können aber gerade in der germanischen Religion (genau wie in der Sprache!) ein Substrat ausmachen, das offensichtlich nicht-indogermanisch ist, nämlich den "vanischen" Teil.
Es ist oft darauf hingewiesen worden, daß hier ganz konträre Elemente (Geschwisterehe, matrilineare Erbfolge usw.) durchschimmern, so wie auch der Krieg zwischen Asen und Vanen als historische Reminiszenz an das Aufeinanderprallen und die spätere friedliche Vermischung von norddeutschen Megalithikern und Indogermanen deutbar ist.
Auch hier wird also wiederum klar, daß die Indogermanen die Eindringlinge waren, die in Europa auf grundsätzlich andere Sprachen und Religionen gestoßen sind. Und diese Tatsache ist unabhängig von der letztlich immer noch nicht befriedigend und endgültig geklärten Frage, wo genau das Ursprungsgebiet der indogermanischen Sprachen zu suchen ist.

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