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Wie ein paar Schleswig-Holsteiner die Kulturen des Alten Orients begründeten...

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Von der erschlossen Umwelt der Indogermanen werden zum "Beweis" einer nördlichen Herkunft die Begriffe "Wolf, Bär und Otter" (S.51) angeführt.
Ausgerechnet mit diesen drei Kandidaten kann man aber rund um die Welt hausieren gehen, da diese Tiere in so gut wie allen gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel auftreten.
Mit der Aussage, daß "die sprachlichen Gleichungen für den Ackerbau dürftig und unsicher" sind (S.52), hat er recht, auch wenn er dafür wieder ein Zitat von 1892 bemühen zu müssen glaubt.

Aber nun zur Viehzucht, für die die Begriffe "Rind, Kuh, Melken, Schaf usw." (S.52) angeführt werden. Mit dem "usw." wird nicht nur das Schwein, sondern vor allem das wohl wichtigste domestizierte Tier der Indogermanen verschwiegen, nämlich das Pferd.
Das Pferd paßt nämlich überhaupt nicht in seine Theorie. Dabei hätte er bereits bei seiner Darstellung der Megalithiker als nomadisch umherstreifende Viehzüchter darauf stoßen müssen, daß nomadisierende Viehhaltung, die über Schaf und Ziege hinausgeht, ohne das Pferd nicht möglich ist. Nur so würden sich größere Rinderherden außerhalb von Einzäunungen kontrollieren lassen.
Er übersieht weiterhin die gewichtige Tatsache, daß sich das älteste indogermanische Wort für "Vieh" (*peku) gerade nicht auf Rinder bezieht. Es läßt sich zweifelsfrei auf die Wurzel *pek ("Haare, Wolle zupfen", später "kämmen", dann "scheren") zurückführen, ist also eindeutig auf das Schaf bezogen.
Ausgerechnet die Worte für Kuh und Stier sind zwar gemein-indogermanisch, stehen aber in hohem Verdacht, nicht indogermanischen Ursprungs zu sein.
Das gemein-indogermanische *tauros ist nämlich dem semitischen "thawros" so ähnlich, daß auf eine gemeinsame Quelle geschlossen werden muß, aus der beide Sprachgruppen dieses Wort entlehnten. Und dessen Ursprung liegt mit allergrößter Wahrscheinlichkeit im Alt-Anatolischen, wo wir auch die frühesten archäologischen Belege für einen Stierkult haben (Çatal Hüyük).
Das Wort für Kuh (idg.: *gou) dagegen dürfte aus dem sumerischen "GU(D)" übernommen sein. Als Vermittler dieser Entlehnungen wird die Maikop-Kultur angenommen, die ein geographisches Bindeglied zwischen dem Alten Orient und den noch ungeteilten Indogermanen gewesen sein dürfte.

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